Die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt (BAG TäHG) e.V. ist der profeministische Dachverband für Täterarbeitseinrichtungen häuslicher Gewalt in Deutschland. Unsere Mitglieder sind Einrichtungen, die mit gewaltausübenden und betroffenen Menschen arbeiten, Opferschutz leisten und gewaltpräventiv wirken. Sie arbeiten in interinstitutionellen Kooperationsbündnissen gegen häusliche Gewalt mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichten, Opferschutzeinrichtungen, Bewährungshilfe, Jugendämtern und Beratungsstellen zusammen.
Die BAG TäHG e.V. bedankt sich für die Möglichkeit, seine Expertise insbesondere mit Blick auf Weisungen von Maßnahmen zur Prävention von häuslicher und sexueller Gewalt einzubringen. Wir begrüßen, dass bei der Strafzumessung geschlechtsspezifische Gewalt eine besondere Berücksichtigung erfährt.
Zu Auflagen und Weisungen, § 56c, Absatz 6 StGB-E
Das Gesetz zur Stärkung der Täterverantwortung regelt, dass die Staatsanwaltschaft unter den Voraussetzungen des §153a Absatz 2 StPO vorläufig von einer Erhebung der öffentlichen Klage absehen und einem Beschuldigten zugleich die Weisung erteilen kann, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Im vorliegenden Referentenentwurf wird parallel hierzu eine Therapieweisung (§ 56 c, 6 StGB-E) eingeführt. Der von der BAG TäHG e.V. entwickelte Standard zur Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt sieht insbesondere vor, dass die sozialen Trainingskurse von einem gendergemischten Team durchgeführt werden und mit den involvierten Institutionen fallbezogen kooperiert wird. Der Aspekt der institutionellen Zusammenarbeit (Artikel 9 im Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, 2011) stellt den höchstmöglichen Schutz für die im sozialen Nahfeld von Gewalt betroffenen Personen dar. Das engmaschige ineinandergreifen der beteiligten Personen, Institutionen und Behörden, wie Frauenunterstützungseinrichtungen, Opferschutzeinrichtungen oder Jugendämter als Bestandteile der Interventionskette gegen häusliche Gewalt erfordert ein bereits bestehendes und gut funktionierendes Netzwerk. Eine funktionierende Interventionskette hilft, Schwachstellen zu erkennen und nachzubessern. Der fallbezogene Austausch der Fachkräfte zwingt zu einem transparenten Arbeiten und berücksichtigt die Bedarfe des gesamten gewaltbelasteten Familiensystems.
Die Inhalte des sozialen Trainingsprogramms nach dem Standard der BAG TäHG e.V. sind vorgegeben und unterstützen den Klienten sich umfassend mit dem eigenen Gewaltverhalten auseinander zu setzen. Ein Gruppensetting unterstützt diesen Prozess und trägt dazu bei, Muster schädigender Verhaltensweisen aufzudecken. Täterstrategien ermöglichen den Tätern ihre Gewalt- und Machtstrukturen in der Beziehung zu den Betroffenen aufrecht zu erhalten, indem die Betroffenen und ihr Umfeld manipuliert, getäuscht und instrumentalisiert werden.
Das Erkennen, Aufdecken und Konfrontieren dieser Verhaltensweisen setzt ein spezifisches Fachwissen über Täterstrategien und einen gezielten Fokus auf gewalttätiges, grenzüberschreitendes Verhalten, Gewaltdynamiken in Fällen häuslicher Gewalt sowie die Berücksichtigung des Erlebens und der Auswirkungen auf die betroffenen (Ex-)Partner*innen und der mitbetroffenen Kinder voraus.
Darüber hinaus erfordert die Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt eine qualifizierte Risikoeinschätzung sowie, wie beschrieben, eine multiinstitutionelle Kooperation. Dies sehen wir in der psychologischen Psychotherapie nicht als gegeben und befürworten ausdrücklich, wie in der Istanbul-Konvention betont, eine Weisung bzw. eine Auflage zu einem sozialen Trainingskurs für Gewaltausübende in Fällen häuslicher Gewalt im Gesetzesentwurf festzulegen.
Dies gilt ebenso in Fällen sexualisierter Gewalt. Für eine erfolgreiche therapeutische Arbeit im Sinne des Opferschutzes bedarf es zunächst ausreichend qualifizierte Fachtherapeut*innen sowie Standards zur Arbeit mit diesem Klientel.
Für die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V.
Isabella Spiesberger